08.07.2024 / Autor: Reinhard Klein

Die Qual der Wahl: Accelerators im Headless Commerce

In der heutigen dynamischen E-Commerce-Landschaft suchen Unternehmen nach flexiblen, skalierbaren und maßgeschneiderten Lösungen, die es ihnen ermöglichen, ihre Online-Präsenzen schnell und effizient aufzubauen und zu verwalten.

Die Qual der Wahl: Accelerators im Headless Commerce
Die Qual der Wahl: Accelerators im Headless Commerce

Eine vielversprechende Lösung bietet der Ansatz des Headless Commerce. Um nicht bei null zu starten, können dabei Accelerators eine zentrale Rolle spielen, da sie die Entwicklungs- und Einführungszeiten von E-Commerce-Projekten verkürzen. Doch wie bei jeder Technologie bringen auch sie einige Herausforderungen mit sich. In diesem Artikel beleuchten wir die Vor- und Nachteile von Accelerators und untersuchen die damit verbundenen technischen und strategischen Aspekte.

Was ist Headless Commerce?

Bevor wir uns mit den Accelerators beschäftigen, ein kurzer Exkurs in die Welt des Headless Commerce:

Im traditionellen E-Commerce sind Frontend und Backend eng miteinander verbunden. Das Frontend ist die Benutzerschnittstelle, mit der die Kunden interagieren, während das Backend die Geschäftslogik und Datenverarbeitung steuert. Die sogenannten „Suites“ enthalten eine Vielzahl an out-of-the-box Funktionalitäten und verfolgen einen monolithischen Architekturansatz. Häufig erfordern daher Änderungen im Backend auch Anpassungen im Frontend und umgekehrt.

Headless Commerce trennt Frontend und Backend über klar definierte Schnittstellen. Das Backend agiert unabhängig und stellt seine Funktionen und Daten über APIs (Application Programming Interfaces) bereit. Meist bringt ein Headless System kein eigenes, voll ausgestaltetes Frontend mit und ist in der Anzahl der Features im Vergleich zu dem traditionellen „Suites“ eingeschränkt. Das Frontend kann daher unabhängig vom E-Commerce-System gestaltet werden. Diese Entkopplung ermöglicht es Unternehmen, innovative und individuelle Benutzererlebnisse auf Basis der Commerce APIs zu schaffen, ohne dass Anpassungen im Backend erforderlich sind.

Was sind Accelerators?

Accelerators sind vorgefertigte Software-Komponenten oder Frameworks, welche die Entwicklung und Einführung von E-Commerce-Lösungen beschleunigen. Sie können in Form von Vorlagen, Referenzarchitekturen, Modulen oder sogar vollständigen Plattformen vorliegen. Im Kontext des Headless Commerce können Accelerators verschiedene Bereiche umfassen:

1. Frontend-Templates: Vordefinierte Designvorlagen, die bereits für die Integration mit bestehenden Backend-APIs optimiert sind

2. Middleware-Lösungen: Software-Schichten welche die Integration von E-Commerce Backend und Frontend erleichtern

3. Backend-Module: Erweiterungen oder Plugins, die spezielle Funktionen oder Datenstrukturen bereitstellen. Dazu gehören z.B. Content-Management-Systeme, Customer Service Integrationen oder die Commerce Engine selbst

4. DevOps-Tools: Werkzeuge zur Automatisierung und Optimierung von Entwicklungs- und Deploymentprozessen

Vorteile von Accelerators im Headless Commerce

  • Schnellere Markteinführung

Ein bedeutender Vorteil von Accelerators ist die Verkürzung der Entwicklungszeit. Durch die Nutzung vorgefertigter Module und Komponenten müssen Entwickler nicht bei null anfangen. Eine neue Plattform ist damit schneller am Markt verfügbar, wodurch Unternehmen gezielter auf Marktanforderungen reagieren können.

  • Reduktion der Entwicklungskosten

Die Nutzung von Accelerators senkt die Kosten für die Implementierung erheblich, da viele grundlegende Funktionen bereits abgedeckt sind. Auch zukünftige Funktionalitäten, sofern sie ihren Weg in den Accelerator finden, lassen sich mit etwas Aufwand übernehmen.

  • Best Practices und bewährte Methoden

Viele Accelerators wurden auf der Grundlage von Best Practices und bewährten Methoden entwickelt. Dadurch sind die darauf aufbauenden Lösungen einerseits robust und effizient, andererseits folgen sie der Lösungsidee des Produktherstellers.

  • Verbesserung der Entwicklerproduktivität

Durch die Bereitstellung vorgefertigter und getesteter Komponenten können Accelerators die Produktivität der Entwickler deutlich verbessern. Entwickler können sich auf die spezifischen Anforderungen des Projekts konzentrieren, anstatt Zeit mit der Implementierung grundlegender Funktionalitäten zu verlieren.

Nachteile von Accelerators im Headless Commerce

  • Eingeschränkte Anpassungsfähigkeit

Standardisierte Lösungen sind oft auf spezifische Szenarien zugeschnitten und bieten möglicherweise nicht die Flexibilität, um alle Geschäftsanforderungen zu erfüllen. Mit anderen Worten, die Anpassungsfähigkeit ist eingeschränkt.

  • Abhängigkeit von Drittanbietern und Vendor-Lock-In

Wird ein Accelerator durch einen Drittanbieter bereitgestellt, kann die Verwendung zu einer ungewollten Abhängigkeit von diesem Drittanbieter führen. Dies wird insbesondere dann problematisch, wenn der Anbieter den Support oder die Weiterentwicklung des Accelerators einstellt.
Bei Accelerators des Herstellers führt die Verwendung schnell in einen ungewollten Vendor-Lock-In, welchen man im Rahmen von Headless Commerce typischerweise umgehen will.

  • Potenzielle Sicherheitsrisiken

Da Accelerators oft aus einmal erstellten Modulen bestehen, existiert das Risiko, dass Sicherheitslücken oder Schwachstellen nicht regelmäßig geschlossen werden. Oftmals erhält man nur einen Satz an Vorlagen ohne richtigen Support. Bei der Verwendung sollte daher aktiv sichergestellt werden, dass alle verwendeten Komponenten den neuesten Sicherheitsstandards entsprechen.

  • Kosten für Anpassungen

Während Accelerators die Initialkosten durchaus senken können, können Anpassungen und Integrationen dennoch teuer werden. Wenn ein Accelerator nicht richtig zu den Anforderungen eines Unternehmens passt, werden häufig umfangreiche Anpassungen notwendig, welche zusätzlichen Aufwand und Kosten bedeuten

Fazit

Ob ein Accelerator im Headless Commerce das Richtige ist, muss von Fall zu Fall beurteilt werden. Den Vorteilen wie schneller Markteinführung, Kosteneffizienz und erhöhter Entwicklerproduktivität stehen, je nach Situation, einige Nachteile gegenüber. Ohne es zu bemerken, begibt man sich in die Abhängigkeit von Drittanbietern, rutscht in einen Vendor-Lock-In, oder steht letztlich mit einer Plattform da, die sich nur noch mit hohen Kosten erweitern lässt.
Auf jeden Fall ist Vorsicht vor zu hohen Erwartungen geboten. Nur wenn ein Accelerator die Geschäftsanforderungen größtenteils abdeckt, kann er sein Potential voll entfalten.

Über den Autor:

Reinhard ist Senior Consultant bei neteleven und verantwortet das Thema E-Commerce. Mit mehr als 15 Jahren Erfahrung besitzt er einen ganzheitlichen Blick auf die unterschiedlichen Facetten von E-Commerce Projekten. Er ist Teil der Geschäftsleitung und schreibt über alles was die technische Welt des Onlinehandels bewegt.

Florian
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Reinhard Klein
Senior Consultant

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